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15. Juli 2018

Bereits ist unser letzter Tag auf hoher See angebrochen. Wir befinden uns ca. 350 Seemeilen vor der amerikanischen Küste. Um 07:00 USA-Ostküstenzeit (wir haben mittlerweilen den „jet-lag“ auf Raten eingeholt) ist es trüb und nass. Die Sicht ist mit knapp 200 Meter stark eingeschränkt; ohne Radar gäbe es kein Fortkommen. Zwei Stunden vorher war es noch ziemlich heiter. Nachts „rollte“ das Schiff etwas stärker als üblich; der Wind – jetzt aus Nord, im Unterschied zur vorherigen Südwestströmung – hat zugenommen. Von den 23 Grad, die der Thermometer auf der Brücke anzeigt, merkt man nicht viel. Das Wetter zeigt sich seit gestern etwas wechselhaft: Phasen mit blauem Himmel und hohen Stratuswolken wechseln sich ab mit grauen Wolkengebilden, die am Abend den Blick auf Sonnenuntergang mit Venus verstellen. Aufs Ganze gesehen hatten wir aber Glück mit dem Wetter, sowohl oberhalb wie unterhalb des Wasserspiegels. Auch der Klabautermann scheint guter Laune gewesen zu sein und machte sich kaum bemerkbar. Dazu hat vielleicht auch unsere Opfergabe an Neptun in Form einer Flaschenpost beigetragen. Gestern Abend überantworteten dem Atlantik eine Flasche Chivas Regal (12 years aged) mit einem Schreiben des Inhalts, der Finder werde mit einer vollen Flasche belohnt. (Das ist selbstverständlich ein Versprechen, das auch unsere Nachkommen angeht!)

Den gestrigen Nachmittag vertrieben wir uns unter anderem mit einem „fire drill“. Unsere Aufgabe bestand allerdings lediglich darin, uns auf der Brücke beim Kapitän, dem Übungsleiter, aufzuhalten und die Beübten nicht in ihrem Wirken zu behindern. Später, bei recht heiterem Wetter, unternahmen wir wieder einen Ausflug zum Bug, wo wir das Wellenspiel betrachteten und fliegenden Fischen zuschauten. Ausserdem posierten wir zusammen für unsere Version des Titanic-Fotos, aufgenommen von unseren amerikanischen Mitpassagieren.

Es ist eine grossartige Sache, sich dem amerikanischen Kontinent auf dem Wasser anzunähern. Im Gegensatz zu Christoph war das nie mein Bubentraum. Hingegen wollte ich als Primarschüler Matrose werden, angeregt durch eine Schallplatte mit Matrosenlieder meines Vaters. Meine Eltern waren allerdings nicht begeistert von meinem Ansinnen. Wahrscheinlich war die Seefahrerei schon damals nicht mehr allzu romantisch – wenn sie es überhaupt je gewesen ist. Heute ist es wohl eher ein monotoner Job, der auch in den Häfen kaum Abwechslung erlaubt – wenn man überhaupt an Land gehen kann. Von den verschiedenen Postern, die in unserer „CMA CGM Puget“ aufgehängt sind, inspiriert uns das Bild INDE am meisten – als Motto für eine Seefahrt in Columbus‘ Kielwasser. Allmählich haben wir es nun gesehen, das Meer, auch wenn wir noch längst nicht mit allen Wassern gewaschen sind.

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